Rezensionen - Akademischer Maler Herbert Stepan

 
Herbert Stepan - Stimmen der Kritik
Seit der letzten Ausstellung der Werke Professor Herbert Stepans im Künstlerhaus sind nun elf Jahre vergangen. In der heurigen Herbstsaison widmet die Gesellschaft bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus, ihrem verdienstvollen Mitglied seit 45 Jahren, ihrem langjährigen Vizepräsidenten, Ausstellungsleiter und auch Ehrenmitglied, anlässlich seines 75. Geburtstages wieder eine groß angelegte Kollektive, deren Schwerpunkt naturgemäß besonders auf das Schaffen der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte gelegt wurde. Neben diesen Arbeiten und mehreren schon aus früheren Ausstellungen bekannten wichtigen Werken werden diesmal aber erstmals auch frühe Aquarelle und Zeichnungen aus den dreißiger und vierziger Jahren vorgestellt, die den künstlerischen Entwicklungsweg des Sterrer-Schülers an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1929 bis 1936) seit dem Beginn seiner Tätigkeit als freischaffender Maler verdeutlichen sollen.Und dieser Weg in Leben und Schaffen war ein selten geradliniger und konsequenter. Vieles freilich war und blieb weiterhin durch seinen Lehrer bestimmt, nicht so sehr in formaler Hinsicht, wohl aber in Bezug auf die stete Besinnung auf die geistige Auffassung als Grundlage künstlerischen Gestaltens. Ob Herbert Stepan nun Portraits, Akte, Landschaften oder Blumenstillleben zeichnet oder malt - er versucht immer, über das verbindlich gewertete Naturvorbild hinaus auch einen geistigen Hintergrund und Zusammenhang zu geben, hinter und über die Dinge zu schauen. Sein “\/erlangen nach äußerer und innerer Schönheit und Haltung", seine intellektuell gezähmte Phantasie eines Humanisten und unbeirrbaren Idealisten, ließen ihn alles Grelle, Laute und Ungezügelte stets vermeiden, solcherlei kam und kommt für diesen Künstler nicht in Frage, und ihn zu einem "Gedankenmaler” reifen, wie ihn Dr. Walther Maria Neuwirth nannte, der sein Gesamtschaffen auch kurz und zutreffend als "spirituellen Realismus" beschrieben hat. Wir sehen hier einen hervorragenden Zeichner - das Graphische bestimmt ja durchgehend auch Herbert Stepans malerisches Werk -, einen Künstler, der zwar in erster Linie dem Bildnis und der Darstellung des Menschen verbunden ist, einen Künstler aber auch, dem das bescheidenste Objekt "poetisch” genug ist, um seine Eigenart und Schönheit in einem immer beseelten und vergeistigten Zusammenhang zu erfassen und darzustellen, denn nur darauf kommt es diesem gediegenen Menschen und Maler im Grunde an. Einem so wienerischen Künstler übrigens auch, wenn man nur seine (in dieser Ausstellung freilich weitgehend ausgeklammerten) überaus dichten und stimmungsvollen Bilder von den alten Häusern, Höfen und Gärten der Vorstadt kennt, herbstlich und von leiser Schwermut durchweht, in Mariahilf, in Gumpendorf, und weiß, dass er in einem solchen schönen Altwiener Haus dort noch heute lebt und arbeitet, in dem schon seine Großeltern gewohnt hatten. In der Bildnismalerei aber hat Herbert Stepan sicherlich immer sein Hauptanliegen gesehen und auf diesem Gebiet zweifellos Bleibendes geleistet. Politiker, Wissenschaftler und Künstler hat er in großer Zahl, oft in offiziellem Auftrag, mit psychologischer Einfühlsamkeit ebenso porträtiert wie seine Familie, Freunde und Bekannte. Gesammelt und in großer Ruhe stehen diese Persönlichkeiten vor flächig abstrahierten Hintergründen mit zurückgenommenem Beiwerk, das aber in den ausgewogenen Kompositionen immer vom Wichtigkeit und Bedeutung ist, ohne Pose, über den Augenblick hin gebannt. Besonders darf hier aber auf die zauberhaften Kinderbildnisse Stepans hingewiesen werden, denen sich der Maler mit großer Hingabe an seine kleinem Modelle widmet: junge Menschenkinder, vor denen das Geheimnis des Lebens liegt, schauen aus ihrer abgegrenztem Welt in tiefem Ernst wie über einen Abgrund in die der Großen. Eindringlich, berührend. Die Aktzeichnungen Herbert Stepans, diesmal in einer größeren Gruppe vertreten, können in ihrer minuziösen Naturwiedergabe, Feinheit und handwerklichem Vollendung als der akademischste Teil seines Schaffens bezeichnet werden. Es sind Studien, Etüden des Künstlers, der dem Menschenbild immer in Ehrfurcht und Demut gegenübertritt, Zeugnisse seiner sicheren, geduldigen Hand. Die Problematik unserer Zeit, ihre Gegensätzlichkeiten und ihre Unrast bleiben aus der Bildwelt dieses notorisch und hartnäckig "unmodernen" Malers grundsätzlich ausgeklammert. "Warum soll ich der Unrast das Wort geben, wenn es mir gegeben ist, Rast in mir selbst zu haben”, meinte Stepan schon vor langer Zeit im Gespräch mit einem Malerfreund. Seine stille, noble Persönlichkeit strahlt wie seine Arbeiten Ruhe aus, eine Zuneigung ohne Hast, mit der er seiner Welt der Dinge und Erscheinungen distanziert, aber liebevoll gegenübertritt. Ein wenig vom dieser Ruhe und Gelassenheit mit tiefer Anteilnahme, die unabdingbar ist, um ihn und sein Schaffen verstehen und schätzen zu können. wird auch auf den Betrachter der Bilder dieser Ausstellung übergehen und wohl noch lange nachklingen.
  Peter Weninger (1986)
Herbert Stepan - Stimmen der Kritik