Eröffnungsrede - Herbert Stepan - Johann Wolfsberger

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Herbert Stepan

Einführende Worte zur Ausstellung

Johann WOLFSBERGER

Im Wiener Künstlerhaus 19.4. - 11.5.1958

Die vielen Schönheiten eines Bildes, die mit so viel Schönheit gemalt sind, erschaffen eine Welt, deren Glanz den Betrachter beglücken kann und jeder Raum, den das Bild beherrschen wird, er- hält ein individuelles und kultiviertes Gepräge. So ist ein Bild des Malers Johann WOLFSBERGER geistiger, ästhetischer und dekorativer Mittelpunkt im Raum und seine Ausstrahlung wird neben sich nie eine Häßlichkeit dulden.

WOLFSBERGERs Bilder orientieren sich am geschauten Gegenstand, ihre Überzeugungskraft beruht aber auf der gesteigerten Illusion des Gegenstandes über dessen äußerliche Erscheinung hinaus. Nicht in einer optischen und stimmungsreichen Beschreibung der Dinge, nicht im Inhalt- lichen erschöpft sich der Mitteilungswille des Malers. Die Prägnanz der farbigen Gestaltung, die eindeutig geordnete Bildfläche und bewußter Formalismus steigern die Ausdruckskraft, ohne das natürliche Erscheinungsbild aufzulösen. Mit dieser prägnanten Sprache, die niemals eine dekora- tive Geste bleibt, setzt er bewußt das fort, was in höchster Vollendung in der Kunst eines Pieter de Hooch, eines Vermeer van Delft ausgesprochen wurde, wenn man vom Inhaltlichen dieser Wer- ke absieht, weil sie sich als Sittenbilder ihrer Zeit präsentieren. Mit ihnen hat WOLFSBERGER auch die beherrschte Kühle gemeinsam, die seinen Bildern die formale Geschlossenheit verleiht. WOLFSBERGERs Kunst hält sich in selbstgewählten Grenzen, die aber niemals hemmen. Seine Steigerung liegt in der Vollendung, seine Kunst ist in eine Bahn gewiesen, die kaum einen Wech- sel der Mittel oder der Ideen zuläßt. Sie entspricht einer klaren Lebenshaltung. Mit entschiedener und vornehmer Sicherheit, unterstützt von großem handwerklichen Können, verleiht er den Dingen in ihrer Schönheit eine neue schöne Wirklichkeit. Seine Malerei ist nuancenreich, diskret und wie- der aufleuchtend. Lust an den Dingen, ein Überschwang an Freude und melancholische Heiterkeit ist ihr ebenso zu eigen wie eine wunderbare Musikalität.

Das große Ölbild "Das Quintett" ist bedeutend in seiner Komposition und Farbe und seelischem Gehalt. WOLFSBERGER, der selbst ein ausgezeichneter Musiker ist, malt hier sein persönlich- stes Thema. Die malerische Instrumentierung ist hier wahrhaft Kammermusik geworden, feinsin- nig und tief, köstlich in jeder Farbnuance, im Spiel des Lichts. Bei seinen stärksten Werken hält WOLFSBERGER die Mitte zwischen Ästhetik und Gefühl. Seine betrachtende Liebe für die edlen Instrumente ist in seinem großen "Stilleben" harmonisch gestaltet. Es ist bedauerlich, dass bei dieser Ausstellung seine Portaits nicht vertreten sind. Kultiviert im Künstlerischen, natürlich im Psychologischen, sind diese Bildnisse ein sehr Wesentliches in WOLFSBERGERs Schaffen. Ergreifend, schlicht und vornehm zugleich ist das Bildnis seiner Mutter. Wirkliche Leistungen sind die Musikerportraits, u.a. das des Konzertmeisters der Berliner Philharmoniker Taschner, oder die Portraits des Neurologen Brinkmann, des Burgschauspielers Wolters, des Psychiaters Prof. Sinn, der Gräfin Traun. WOLFSBERGERs Werk beschränkt sich nicht auf das sogenannte Staffeleibild, das wohl den breitesten Raum in seinem Schaffen einnimmt und auch seine wesentlichste Aussage ist, auch im Mosaik, Gobelin und Sgraffito hat er künstlerische Aufgaben auf das beste gelöst (z.B. zwei Gobelins für das Burgtheater).

In dieser Ausstellung sind eine große Anzahl ausgezeichneter Aquarelle zu sehen, deren Gestal- tung in souveräner Meisterschaft ein köstliches Erleben vermitteln. Das Glück des Schauens überträgt sich quellfrisch auf den Betrachter und erst später wird man sich bewußt, mit welch männlicher Handschrift, klar, hart und bewußt, dann wieder temperamentvoll und frei, das Erleb- nis gebannt ist. Jedes dieser Aquarelle, seien es die "Netzflicker aus Südfrankreich", die aus der Provence, die von Marseille, oder die "Alte Mühle", oder das Dorfbild "Dahmen", jedes dieser Aquarelle ist unverkennbar Signum einer starken Künstlerpersönlichkeit. Wer WOLFSBERGER persönlich kennt, sieht, dass Werk und Künstler Eines ist, was man kei- neswegs bei allen Künstlern sagen kann. Der Maler WOLFSBERGER ist ein universeller Mensch. Wie er ein ausgezeichneter Musiker ist, so ist er auch ein Pädagoge von Format, seine lange Lehrtätigkeit zeigt es. Seine Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Dingen, sein begeistertes Interesse für die Pflanzenwelt, für Schmetterlinge und Fische, verrät einen Fachkundigen, der mehr als ein Belesener ist. An ihm kann man sehen, dass der Intellekt durchaus nicht Feind der schöpferischen Arbeit ist. WOLFSBERGERs Kunst spürt den Reichtum der Schöpfung nach, sei- ne Bilder bezeugen den Künstler, dem das Schauen Bestimmung ist.

 
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