Eröffnungsrede - Herbert Stepan - Ausstellung |
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Kollektive
H E R B E R T S T E P A N Geleitwort von Peter Weninger Seit
der letzten Ausstellung der Werke Professor Herbert Stepans im Künstlerhaus
sind nun elf Jahre vergangen. In der heurigen Herbstsaison widmet die
Gesellschaft bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus, ihrem verdienstvollen
Mitglied seit Jahren, ihrem langjährigen Vizepräsidenten, Ausstellungsleiter
und auch Ehrenmitglied, anlässlich seines 75. Geburtstages wieder
eine groß angelegte Kollektive, deren Schwerpunkt naturgemäß
besonders auf das Schaffen der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte gelegt wurde.
Neben diesen Arbeiten und mehreren schon aus früheren Ausstellungen
bekannten wichtigen Werken werden diesmal aber erstmals auch frühe
Aquarelle und Zeichnungen aus den dreißiger und vierziger Jahren
vorgestellt, die den künstlerischen Entwicklungsweg des Sterrer-Schülers
an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1929 bis 1936) seit
dem Beginn seiner Tätigkeit als freischaffender Maler verdeutlichen
sollen. Wir
sehen hier einen hervorragenden Zeichner - das Graphische bestimmt ja
durchgehend auch Herbert Stepans malerisches Werk - ,einen Künstler,
der zwar in erster Linie dem Bildnis und der Darstellung des Menschen
verbunden ist, einen Künstler aber auch, dem das bescheidenste Objekt
“poetisch” genug ist, um seine Eigenart und Schönheit
in einem immer beseelten und vergeistigten Zusammenhang zu erfassen und
darzustellen, denn nur darauf kommt es diesem gediegenen Menschen und
Maler im Grunde an. Einem so wienerischen Künstler übrigens
auch, wenn man nur seine (in dieser Ausstellung freilich weitgehend ausgeklammerten)
überaus dichten und stimmungsvollen Bilder von den alten Häusern,
Höfen und Gärten der Vorstadt kennt, herbstlich und von leiser
Schwermut durchweht, in Mariahilf, in Gumpendorf, und weiß, dass
er in einem solchen schönen Altwiener Haus dort noch heute lebt und
arbeitet, in dem schon seine Großeltern gewohnt hatten.
Der Betrachtende - und Herbert Stepan wünscht sich Besucher, die vor seinen Bildern verweilen, sie auf sich einwirken lassen - wird die kühne Ausdruckskraft seiner Farbsetzungen erleben. Was Stepan malt, ist die wirkliche Welt und ist es nicht: gerade seine Farben heben diese konkrete Welt in einen geistigen Raum, den er an Dingen, Menschen, Landschaften, Blumen auskundschaftet, den er ihnen verleiht. Der meisterhaft handwerkliche Vorgang des Malens beruht bei ihm auf feinsten, geistig-seelischen Prozessen, die jede seiner Arbeiten zum Kunstwerk erheben. Höchste Akribie, die allein schon den Meister verrät, in Zeichnung, Form, Komposition ist ihm eigen - das Ergebnis harter, lebenslanger Arbeit; bei der es ihm immer nur darum ging, dem darzustellenden Objekt gerecht zu werden: nicht nur in Gestalt und im oberflächlichen Äußeren: - seine Bilder erfassen das Wesen, das Innere, die Totalität. Und zugleich - und ich sage das, auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole - hebt er sein Sujet, durch die ihm allein eigene Farbgebung in seine Welt: in eine Welt, der man die Mühe, den Kampf, das Ringen um die Lösung nicht mehr anmerkt. Eine zauberhafte Stille, eine große Einfachheit liegt in allen seinen Werken, alles ist ganz konkret da und lebt und existiert - und dennoch ist eine Entrücktheit, eine Distanz fühlbar, die einen sehr bestimmt in Bann hält. Herbert Stepan ist - fern allem Manirierten, Modisch - expressiven ein Maler des Materiellen und Geistigen. Keine Manie befleckt seine Werke, er hat es nicht notwendig Schulen nachzuahmen, zu zitieren, ins Phantastische, Dekorative, ins Abstrakte zu flüchten. Farbe und Form kennzeichnen eindeutig seine Meisterschaft. Eine solche Klarheit des Sehens, des Empfindens und des Darstellens erreicht ein Meister nicht durch bloß handwerkliches Können: die ganze Existenz seiner Persönlichkeit muß er zu einem reinen Instrument geläutert haben, um Welt und Umwelt gerecht zu werden. Seine Kunst ist es, uns zu zeigen, wie gegenstandslos eine Welt aggressiver Sensationen in Wahrheit ist, wie peremptorisch. Die Stille seiner Meisterwerke ist beredter als der Lärm der Tagesaktuellen. Er bringt uns ganz nahe dem Geheimnis der Welt. ,
Herbert
Stepan ist ein Stilformer von säkularer Bedeutung. Er steht als philosophisch
fundierter Denker und Humanist zwischen den extremen Kunstaussagen der
bewegungsinfiltrierten Moderne und den anerkannten großen Meistern
der nahen Vergangenheit. Segantini, Hodler und Egger-Lienz seien genannt.
Die Moderne, ein Enkelkind der italienischen Futuristen, die zur absoluten
Abstraktion und zu allen folgenden Varianten im rasanten ich-betonten,
grenzüberschreitenden Experiment den Anstoß gab, ringt heute
um die Bewältigung der Sinnenwelt und aller Daseinsfragen. |