  | 
      
      Herbert 
        Stepan 
      Einführende 
        Worte zur Ausstellung 
      Heimo 
        SCHRITTWIESER 
      In 
        der Galerie Romanum, Wien 25.10.1977 
      Prof. 
        SCHRITTWIESER hat mich ersucht, anlässlich der heutigen Eröffnung 
        seiner Ausstellung, einige Worte zu sagen. 
        Es ist mir eine Ehre, al Kollege diese Aufgabe zu übernehmen. Ich 
        sehe die Aufgabe allerdings so, dass ich weder zu prüfen, noch zu 
        beurteilen, noch zu kritisieren habe. Ich betrachte es als meine Aufgabe 
        zu versuchen, Ihnen sehe geehrte Anwesende, das Erlebnis zu vermitteln, 
        dass ich vor den Bildern Heimo SCHRITTWIESER´s habe. Ich bin das 
        Publikum! 
        Ich denke, dass ein unvoreingenommenes Kennen lernen Voraussetzung jeder 
        Bildbetrachtung sein muss. Ich glaube, dass dann mit diesem Kennen lernen 
        es möglich wird, zu sagen, was für Empfindungen das Bild in 
        mir zu erwecken imstande ist. 
        Über das “es gefällt mir - es gefällt mir nicht” 
        hinaus beginnt dann, wenn ich mich der Ausstrahlung des Werkes überlasse, 
        die Absicht des Künstlers deutlich zu werden. 
        Mit vorgefassten Meinungen sollte man ja nie an ein Werk herantreten. 
        Von der eigenen Meinung ausgehend, kann Kritik ja nur Spekulation sein. 
        Die Frage: ”Was wird dargestellt?”, ist hier beim Werk SCHRITTWIESER´s 
        bald und leicht zu beantworten. Es sind Landschaften, es sind Menschendarstellungen, 
        es sind Gesichter, es sind thematische Kompositionen die er uns zeigt. 
        Wie zeigt er sie uns? Schafft er ein Modell für eine Richtung, für 
        eine Theorie oder ein Konzept? 
        Nein! Es wird einem bald bewusst, das hier ein sensibler Individualist 
        am Werk ist. Es wird einem klar, dass vordringlich - in bildhafter Anschaulichkeit 
        - eine inhaltliche Botschaft vermittelt wird. Es wird aber auch klar, 
        dass hier ein Maler, ein Zeichner - woher immer auch ihm Anlass und Anregung 
        zukommen, ob vom Gesehenen oder vom Erlebten her - dass dieser Maler nicht 
        Geschautes wiedergibt, sondern seine Faszination davon, seine Faszination 
        des Geschauten, des Erlebten. Er malt seine Faszination, er verbildlicht 
        Vorstellungen, die in seinem Innern fixiert sind. Denn seine Bilder sind 
        ihm, dem Künstler, aus seiner Imagination heraus sozusagen erschienen. 
        Seine Bilder sind nicht so sehr Darstellungen, sie sind Ereignisse. 
        Mitunter auf kleinstem Raum, auf kleinster Fläche werden stärkste 
        Empfindungen verdichtet und zusammengepresst. Das gewählte Bildmotiv 
        ist bestimmend, denn es geht ihm ja nie um ein Primat der Form oder des 
        Formalen, wenn auch die übereinstimmende Ergänzung von Form 
        und Inhalt wesentlich für seine Kunst ist. Das Motiv ist dann mit 
        dem gewählten Stilmittel untrennbar verbunden. 
        Das Objekt, das Geschaute wird aus den naturhaften Bezügen herausgelöst, 
        es wird in neue Zusammenhänge gebracht und es ergibt sich so eine 
        Phantastik der Erscheinung, die es in der objektiven Außenwelt nicht 
        gibt und nicht geben kann. 
        Seine Landschaften zum Beispiel. Ich nenne hier “Die Dolomiten”, 
        “Die anatolische Landschaft”. Das sind keine Landschaften 
        in denen man spazieren gehen kann, es sind eigentlich auch keine Erinnerungsbilder, 
        es sind , ich möchte sagen fast Mystische Ur-Landschaften. Denn, 
        nicht die erfassbare Wirklichkeit ist die Realität im Bild, sondern 
        die Einbildungskraft ist das bestimmende Element und wird deutlich gemacht. 
        Und so ist dann der empfängliche Betrachter angeregt, sich diesen 
        Empfindungswerten, die eine verborgene Realität sichtbar machen, 
        hinzugeben. 
        Bilder und Zeichnungen veranschaulichen Gedachtes, sie veranschaulichen 
        Vorstellungen als Weltgefühl. Sie erwecken die Empfindungen, aus 
        denen heraus sie geschaffen sind. Es sind poetische Empfindungen, sie 
        zeigen einen Hang zum Visionären, zum Mystischen. Sie sind geprägt 
        von einem künstlerischen Symbolismus, der Numinosen Ausdruck geben 
        will. 
        Verwandlung, Wesensverwandschaft von Mensch und Pflanze, 
        religiöse Sehnsucht, sehr periphere menschliche Situationen sind 
        Inhalt seiner Bilder. 
        Seine Ausdrucksmittel werden durch ihre Art nicht nur den Themen gerecht, 
        sie sind eins geworden mit dem Thema, sie sind identisch mit dem Thema. 
        Die Linie ist sein Ausdrucksmittel. Seine Linie gibt aber nicht vorherrschend 
        Umriss und Proportion, sie drückt eindeutig primär die seelische 
        Beziehung des Künstlers zum Gegenstand aus. Seine Zeichenfeder, sein 
        Pinsel erzeugt träumerisch eine arabeskenhafte Rhythmisierung der 
        Bildfläche und bildet eine Struktur die in ihrer Körperlosigkeit 
        Bewegung und Verwandlung symbolisiert. Genauso unterstützt auch die 
        Farbe nur koloristisch und nur in Andeutungen gebracht eine undefinierbaren 
        Raum, der wiederum symbolisch für ein Weltgefühl steht, das 
        geprägt ist von einem Verlangen nach möglich viel geistigen 
        Wirklichkeiten. 
        Der graphische Duktus, der geheimnisvolle Reiz eines Geflechts von Strichen 
        und Flecken, die leise Dynamik, die faszinierende Niederschrift gibt Verästelung 
        und deutet auf Wandlung. 
        Seine Menschen sind Gestalten der Inspiration. In manieristischer, subjektivistischer 
        Symbolik zeigt uns der Künstler die Rätselhaftigkeit des Daseins. 
        Das immer wiederkehrende Motiv des leidenden Menschen wird zum Symbol 
        der Ausweglosigkeit des menschlichen Schicksals. 
        Einer pessimistischen Haltung steht aber religiöse Sehnsucht entgegen. 
        Eine fast romantische Erlösungssehnsucht zeigen uns die Blätter 
        “Christuskopf”, “Zarathustra”, “Athosmönch” 
        und  
        “Der Auferstandene”. 
        Ein in sich gewandter Mensch, fern einem diesseitigen Optimismus, zeigt 
        uns als Künstler Abgründe der Seele und die Grenzenlosigkeit 
        der Natur. 
        Wer sich den Bildern zuwendet, wer sie in Besitz nimmt, wird etwas in 
        sich aufklingen spüren, was hier aus tieferen Schichten bildhaft 
        sichtbar geworden ist. 
      Treten 
        Sie ganz nah an die Bilder heran, versenken Sie sich darin, überlassen 
        Sie sich den Bildern und Sie werden ganz sicher in ein Erlebnis hinein 
        versponnen. 
      Ich 
        wünsche dem Künstler viel Verständnis von Seiten der Betrachter 
        und viel Erfolg.  
          | 
      |