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      Herbert 
        Stepan 
      Zu 
        den Ausstellungen anlässlich der 70. Geburtstage von 
      RUDOLF 
        H. EISENMENGER 
      FRANZ 
        GIESSEL 
      HAROLD 
        REITERER 
      Im 
        Wiener Künstlerhaus 12.9. - 1.10.1972 
      Der 
        Anlass zu diesen Ausstellungen ist Ihnen bekannt. Wir freuen uns, die 
        Geburtstage der Herren Prof. Rudolf H. Eisenmenger, Franz Giessel und 
        Prof. Harold Reitterer auf diese ihrem Werk gemäße Art zu feiern 
        und sie damit zu ehren. 
        Jede dieser Kollektiven bringt eine große Zahl von Werken, von denen 
        jedes für sich gesehen und betrachtet sein will. Aber hier zählt 
        nicht nur das einzelne Werk als Resultat, hier wird auch der Weg sichtbar 
        der durchschritten wurde, in einem Leben das jahrzehntelang der Kunst 
        gewidmet war, der Weg , der Zeugnis gibt von den künstlerischen Wandlungen 
        im Wechsel der Lebensphasen und Anschauungen. 
        Drei Maler haben ihr Leben lang ihre Wahrnehmung der Welt in Bildern festgehalten, 
        sie haben ihrer Empfindungs- und Gefühlswelt Form, Farbe und Gestalt 
        gegeben. Fern davon nur Selbstbehauptung zu sein, fern davon in ästhetischer 
        Selbstgenügsamkeit zu verbleiben, fordern ihre Kunstäusserungen, 
        fordert ihre geistige Beweglichkeit zum Schauen, zum Mitdenken, zur geistigen 
        Auseinandersetzung aus. Und diese geistige Auseinandersetzung, zu der 
        das Werk den Betrachter veranlasst, ist auch gewiss wünschenswerter 
        als bloße Bewunderung, die der Künstler im Grunde ja gar nicht 
        fordert. Bewunderung würde ja auch allgemeingültige Normen voraussetzen, 
        die heute kaum zu finden sind, wo im Gegenteil sogar völlige Regellosigkeit 
        Trumpf zu sein scheint. 
        Ausserhalb des Spannungsfeldes extremer Kunstauffassungen haben diese 
        drei Maler ihren unverwechselbaren eigenen Stil entwickelt und erreicht. 
        Die unverkennbare Eigenart ihrer Reifezeit erweist, dass hier Idee und 
        Realisierung Hand in Hand gehen und dass, ohne Flucht in die Illusion 
        von einer heilen Welt, das Wesen des Menschen doch einen festen unberührbaren 
        Punkt hat, der, weil nicht irritierbar, sich auch nicht selbst ständig 
        in Frage zu stellen braucht. Es sind keine sich selbst dauernd in Frage 
        stellende Künstler. 
        Sie sehen Bilder dreier Maler die auf die Erlebniskraft des Menschen hinweisen, 
        die in einer gefühlsarmen Zeit, Werte einfacher Gefühle,, Freude, 
        Schönheit, Poesie, Naturliebe hochhalten und als Botschaft weiterreichen. 
        In einem leider bescheidenen Bilderverzeichnis, das statt eines Katalogs 
        diese Ausstellung begleitet, finden Sie die wichtigsten Lebensdaten der 
        drei Künstler verzeichnet, ihre wichtigsten Werke genannt und die 
        Art ihres Schaffens kurz charakterisiert. 
        Das Schaffen jedes der drei Künstler ist so bekannt und so oft in 
        Publikationen oder Ausstellungskatalogen gewürdigt worden, dass es 
        sich erübrigt, jeweils eine umfassende Einführung in das Werk 
        auch nur zu versuchen. 
        Es sei mir nur erlaubt, aus persönlichem Erleben beim Betrachten 
        der Bilder, einige mir besonders einleuchtende Schaffensmerkmale aufzuzeigen. 
        In allen Bildern R. H. Eisenmengers aus welcher Lebensphase immer, ob 
        aus seiner Frühzeit, ob in der architekturgebundenen 
        Malerei, ob in Tapisserie-Entwürfen oder ob im Tafelbild der letzten 
        Jahre, ist, wenn man nach dem Erlebnisgrund fragt, immer die Poesie Element, 
        wichtigstes Element seiner Wirklichkeit. Zwei Wirklichkeiten sind ja immer 
        im Bild verwoben. Der realen Figurenwelt aus tiefster Überzeugung 
        verhaftet, objektiviert Eisenmenger sinnlich Geschautes in eine eigene 
        geistige Wirklichkeitsordnung. Poesie, nicht nur vom Thema her oder als 
        Stimmungsmoment - eine fast verklärende Poesie - zeugt nicht nur 
        von seiner Naturbezogenheit, sondern beseelt seine Kompositionen und verleiht 
        ihnen Harmonie und Schönheit. Die malerische Komponente - und sie 
        ist meines Erachtens die vorherrschende - verleiht den Bildern den Reiz 
        des Werdenden, des Veränderlichen, des Nicht-zu-Vollendenden. Die 
        Bilder sind von innerlichen Seelenkräften wachgerufen. Die Gestalten 
        haben ihre Realitäten abgelegt und führen ein bildhaftes Sein. 
        In elegisch malerischer Empfindung vermittelt Eisenmenger Eingebungen, 
        sind seine Schöpfungen Gleichnisse pantheistischen Natur-Erlebens. 
        Dem Bertachter erschließen sich die Bilder nur, wenn er aufgeht 
        in die Bewegung, in den Rhythmus des Bildes, er ist aufgefordert, gleichsam 
        den wachgerufenen Traum weiter zu träumen. Selbst das religiöse, 
        tragische Motiv “Christus mit den Schmetterlingen” ist ein 
        im malerischen Ton, im Ineinander-Weben der Farben, ein festgehaltener 
        fliehender Augenblick, als Hinweis zum Ewigen. 
      Vom 
        Augenerlebnis ausgehend, mit dem Vergnügen die Welt zu beschauen, 
        mit der Freude an der geliebten Umwelt stellt uns Franz GIESSEL seine 
        Bilder vor Augen. Von der sinnlichen Wahrnehmung ausgehend sind seine 
        Bilder keineswegs Wiedergabe eines optischen Eindrucks, sondern malerische 
        Auseinandersetzungen und immer Gestaltung eines Erlebnisses. Eng mit seinem 
        Milieu verwachsen, wo er seine besten Anregungen findet, zeigt uns Giessel 
        unermüdlich die Häuser und die Hügel der Vorstadt, die 
        Stadt selbst wird ihm zur großartigen Landschaft. Noch im bescheidensten 
        Motiv findet er den Vorwand - in unverkennbarer Eigenart - sein Bild zu 
        komponieren. 
        Er sieht die Welt mit den Augen des Malers, anekdotischer Inhalt liegt 
        ihm fern und ist ihm nicht wünschenswert. Er sucht mit manchmal eckigen 
        Chiffren, mit Reduzierung, mit fester Struktur und mit subjektiver, manchmal 
        eingeschränkter Farbgebung, in den Bereich der Formabstraktion vorzustoßen. 
        Er führt sein Bild von der natürlichen Erscheinung weg in den 
        höheren Zustand einer künstlerischen Wirklichkeit. 
        Er hat die Bildsprache gefunden seiner Erlebniskraft Gestalt zu geben. 
        Und ohne spektakulär sein zu wollen, vermögen seine Bilder, 
        in durchaus gegenwartsbezogener Art, den Menschen mit seiner Umwelt zu 
        konfrontieren. 
        Harold REITTERER gestaltet wechselnd von verschiedenen Erleben her. Nicht 
        nur die Vielfalt oder gar Gegensätzlichkeit im Kreis der Themen - 
        die manchmal vom Inhaltlichen her, aber nur vom Inhaltlichen an surrealistische 
        Vorstellungen erinnern - bringt stets neue Aspekte. Primär von der 
        Farbe ausgehend wird Form und Gestalt auf verschiedensten Wegen erarbeitet. 
        Wenn manchmal das Ziel vorgefaßt erscheint, so wird es über 
        den indirekten Weg der Abstraktion, im strengen fast asketischen Prozess 
        der Arbeit, wie es scheint andernfalls oft erst gefunden. Auch in seinen 
        Ölbildern, deren Koloristik eine starke aber seelisch orientierte 
        Leuchtkraft auszeichnet, greift Reitterer über das Natürliche 
        hinaus, es gibt keine äußerliche Angleichung an die Naturerscheinungen, 
        die natürliche Raum- und Größenordnung ist aufgehoben, 
        das Bild erhält eine die übliche Raumdimension sprengende Ordnung, 
        eben die dem Bild jeweils eigene Ordnung. 
        Mit faszinierender geistiger Beweglichkeit, mit einer Beweglichkeit die, 
        wie es sich hier erweist, durchaus nicht nur provozieren muss, um ihrer 
        Rolle gerecht zu werden, schafft der Künstler moderne figurative 
        Aussagen, deren Erlebnisgrund Romantik ist. Eine Romantik im weitesten 
        Sinn, die ihn drängt, im pantheistischen Einverständis mit der 
        Natur, für sein äußerst sensibles Erleben konstruktive 
        deutende Zeichen zu setzen. Seine Materialbilder sind gleichsam wie eine 
        Rückkehr zu den Ursprüngen menschlichen Ausdruckswillen. 
      Wir 
        wünschen den Kollegen weiterhin Erfolg und Schaffenskraft.  
         
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